Antisemitismus
WTF?

Als ob Menschen Bäume wären. Der Vorwurf der Wurzellosigkeit.

Als ob Menschen Bäume wären. Der Vorwurf der Wurzellosigkeit.

Im antisemitischen Weltbild wird Juden_Jüdinnen unterstellt, sie seien wurzellos, also ohne feste Heimat. Während das eigene »Volk« sesshaft sei und vermeintlich seit Urzeiten das gleiche Land bewohne, seien die Juden_Jüdinnen hingegen rastlos und ihrer ursprünglichen Heimat beraubt. Sie seien zudem unfähig, treu zu einer Nation zu stehen, da sie sich viel eher mit anderen Juden_Jüdinnen verbunden sähen. Diese Vorwürfe basieren auf dem antisemitischen Zerrbild der »jüdischen Weltverschwörung«. Das unterstellt ihnen, sie arbeiteten im Geheimen an der Übernahme der Weltherrschaft, weswegen auch Juden_Jüdinnen nicht zu vertrauen sei, die sich z.B. als Deutsche, Franzosen etc. sehen.

Wo kommt es her, wann ist es entstanden und warum?

Ende des 19. Jahrhunderts wurden fast alle europäischen Staaten von einer Modernisierungswelle erfasst. Dies führte auch dazu, dass Juden_Jüdinnen zunehmend die gleichen Rechte erhielten wie die christliche Bevölkerungsmehrheit. Juden_Jüdinnen arbeiteten nun als Beamt_innen, lehrten an Schulen sowie Universitäten und kämpften in den Kriegen des jeweiligen Staates. Dennoch wurden sie von vielen immer noch nicht als »richtige Deutsche«, »richtige Briten« usw. gesehen und blieben für diese Personen »Juden«, selbst wenn sie sich z.B. taufen ließen. Woran lag das? Wieso wurden und werden Juden_Jüdinnen oftmals nicht als Teil einer Nation gesehen?

Was genau eine Nation ist und wer dazu gehört, ist umstritten und es gibt viele verschiedene Definitionen des Begriffs. In Deutschland wurde im 19. Jahrhundert insbesondere die völkische Definition der Nation geprägt. Nach diesem Verständnis kann man nur dann der deutschen Nation angehören, wenn man auch Teil des »deutschen Volkes« oder gar der »deutschen Rasse« ist. Juden_Jüdinnen wurden nach dieser Sichtweise ausgeschlossen, da sie von Antisemit_innen als eigene »Rasse« definiert werden.

Wie hat sich das Motiv weiterentwickelt?

Historisch lassen sich hierfür zahlreiche Beispiele finden: Im Deutschen Kaiserreich waren Juden nicht in gehobenen Offiziersrängen zu finden und während des Ersten Weltkriegs gab es sogar eine sogenannte »Judenzählung«, um herauszufinden, ob Juden_Jüdinnen sich wirklich im ausreichenden Maße an den Kriegsbemühungen beteiligen. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Befreiung der Konzentrationslager ließ Josef Stalin zahlreiche Juden_Jüdinnen verfolgen und hinrichten, da er ihnen »Kosmopolitismus« (d.h. Weltbürgertum, also eine politische Haltung, die die ganze Erde als Heimat betrachtet) und mangelnde Treue zur Sowjetunion vorwarf.

Was ist daran antisemitisch?

Das Motiv unterstellt Juden_Jüdinnen, dass sie stets ein Fremdkörper in der Gesellschaft sein werden und spricht ihnen die Fähigkeit zur Integration ab. Juden werden damit der Mehrheitsbevölkerung (bzw. dem »Volk«) als unvereinbar entgegengesetzt. Zudem wird der Verdacht geäußert, dass jedes Bekenntnis zu einer Nation nur vorgeschoben sei, um eigene Ziele oder gar eine »jüdische Weltverschwörung« zu verfolgen.

Weiterlesen